Vodafone: "Seit 30 Jahren für Dich da" - Rückblick und Hintergründe
Mit einer großen Werbekampagne feiert Vodafone im Jahr 2022 sein
30-jähriges Jubiläum in Deutschland - eine gute Gelegenheit für einen
Blick zurück in die Vergangenheit
Vodafone hat in Deutschland verschiedene Ursprünge und Wurzeln - die eng mit der Geschichte des deutschen TK-Marktes verbunden sind. Am Beispiel dieses Unternehmens kann man somit auch sehen, welche Umbrüche es in diesem Markt in den letzten Jahrzehnten gab
Die Ursprünge von Vodafone liegen dabei in Großbritannien, seit den 1990er Jahren hat man aber auch in viele Beteiligungen und Zukäufe in anderen Ländern investiert - unter anderem eben auch hierzulande.
1.) Mobilfunk: Mit D2 Privat fing es an
Mit "30 Jahre Vodafone" bezieht man sich auf das heutige Vodafone-Mobilfunknetz:
Im Juli 1992 startete das digitale D2-Netz, das damals unter dem Namen "D2 Privat" (später "D2 Mannesmann") vermarktet wurde. Dahinter stand ein Konsortium unter Führung des Industriekonzerns Mannesmann, der Ende der 80er in den sich damals entwickelnden TK-Markt einstieg und mit D2 den ersten Konkurrenten zur Deutschen Bundespost / Telekom aufbaute (die quasi zeitgleich zu D2 mit dem eigenen D1-Netz an den Markt ging).
Zunächst hatte Vodafone mit D2 noch gar nichts zu tun (man war im Gegenteil sogar an einem D2-Konkurrenten beteiligt, siehe weiter unten in diesem Text).
Zu den Gesellschaftern von D2 gehörte aber der amerikanische Netzbetreiber Airtouch. Dieser wurde Ende der 90er Jahre von Vodafone übernommen, wodurch Vodafone eben Anteilseigener von D2 wurde.
Im Jahr 2000 kam es dann zum großen Übernahmekampf: Mannesmann wollte auf dem englischen Markt den dortigen Anbieter "Orange" übernehmen und damit Vodafone auf seinem Heimatmarkt Konkurrenz machen. Vodafone wiederum wollte die gesamten TK-Aktivitäten von Vodafone übernehmen und damit auch alle Anteile am deutschen D2-Netz. Schließlich konnte Vodafone den Sieg davon tragen und die Kontrolle über Mannesmann erlangen.
Die Mobilfunk- und Festnetzaktivitäten von Mannesmann (siehe auch den folgenden zweiten Abschnitt) wurden großteils in den Vodafone-Konzern integriert - die anderen Sparten von Mannesmann (wie z.B. die eigenen Röhrenwerke, die ursprünglich das Hauptgeschäftsfeld des Unternehmens waren) wurden dagegen verkauft.
2.) Festnetz: Von CNI zu Mannesmann Arcor
Der Festnetz-Teil von Vodafone hat seine Wurzeln in der ehemaligen Mannesmann Arcor, die ab Ende der 1990er Jahre einer der Hauptkonkurrenten der Telekom im liberalisierten Festnetzmarkt wurde. Arcor wiederum geht zurück auf das Unternehmen CNI (ein Projekt u.a. von Mannesmann und der Deutschen Bank), das sich Mitte der 90er mit der Bahn-Tochter DBKom zusammenschloß.
Die Bahn bekam so einen Partner für Betrieb und Ausbau ihres eigenen Telefon- und Glasfasernetzes an den Bahnschienen und Mannesmann erhielt auf diese Weise Zugriff auf ein umfassendes "eigenes" Netz, mit dem man vor allem auf den langen Fernstrecken unabhängig von der Telekom wurde.
2002 wurden Teile von Arcor, die für die Bahn-Telematik zuständig waren, zurück an die Deutsche Bahn abgegeben, die sich dann wiederum aus Arcor zurückzog. Im Infrastrukturbereich bleiben Arcor und Bahn aber durchaus verbunden, durch die beiderseitige Nutzung der Glasfaserleitungen entlang des DB-Schienennetzes.
Anfang der 2000er (nach der Übernahme von Mannesmann durch Vodafone) gab es zeitweise Gerüchte, daß Vodafone das Arcor-Festnetzgeschäft evtl. verkaufen und ausschließlich auf den Mobilfunkmarkt setzen könnte. Dazu kam es aber nie.
Das Arcor-Festnetz erstreckt(e) sich in viele Orten hinein. Mit einem eigenen ISDN- und DSL-Netz konnte man in vielen Anschlußbereichen Kunden über eigene Netztechnik versorgen. Für die "letzte Meile" sowie für die Versorgung der restlichen Gegenden (z.B. über Bitstream-DSL, wo man kein eigenes DSL-Netz hatte) blieb man aber weiterhin auf die Telekom angewiesen.
In den letzten Jahren greift Vodafone im DSL-Markt zunehmend auf die Plattform der Telekom zurück, die ihr DSL-Netz vielerorts für VDSL ausbaute (indem die DSL-Netztechnik aus den zentralen Hauptverteilern in die grauen Kästen am Straßenrand ausgelagert und somit die Leitungslänge zum Kunden reduziert wurde).
Damit kann Vodafone nun höhere Geschwindigkeiten anbieten als mit dem "eigenen" DSL-Netz, das nur bis in die Telekom-Hauptverteilerstandorte reichte. Ein ähnlicher Ausbau wie bei der Telekom wäre nicht rentabel, stattdessen nutzt man lieber das Telekom DSL-Netz mit und erschließt dann lokale Übergabepunkte der Telekom mit seinem Netz, um dort den DSL-Verkehr seiner Kunden zu übernehmen und im eigenen Backbone weiterzuleiten.
3.) Kabel: Übernahme von Kabel Deutschland und Unitymedia
Das Kabelfernsehnetz in Deutschland wurde zu großen Teilen in den 1980er und 1990er von der Deutschen Bundespost bzw. Telekom aufgebaut.
Zur Jahrtausendwende gliederte die Telekom die Kabel-TV-Sparte unter dem Namen "Kabel Deutschland" aus und teilte sie in neun regionale Kabelnetzgesellschaften auf, um diese schrittweise zu verkaufen.
In den Jahren 2000 und 2001 wurden dann die ersten drei Kabelgesellschaften (Kabel NRW / ish in Nordrhein-Westfalen, e-Kabel / iesy in Hessen und KabelBW in Baden- Württemberg) an Investoren verkauft.
Die restlichen sechs Gesellschaften blieben unter dem Dachnamen "Kabel Deutschland" noch zunächst bei der Telekom und konnten nach dem Platzen der Internet-Blase erst ein paar Jahre später gemeinsam (und unter Beibehaltung des Namens Kabel Deutschland) verkauft werden.
In den Folgejahren wechselten die Kabelgesellschaften teilweise mehrfach den Betreiber und es kam auch zu Übernahmen: Iesy aus Hessen übernahm Ish aus NRW, wodurch Unitymedia entstand. 2011 schluckte Unitymedia dann wiederum KabelBW, das ab 2013 dann auch unter der Unitymedia-Marke auftrat.
Parallel dazu erwarb Vodafone ab 2011 eine Mehrheit an der inzwischen börsennotierten Kabel Deutschland und gliederte diese in den eigenen Markenauftritt ein. 2016 folgte dann schließlich auch noch die Übernahme von Unitymedia durch Vodafone. Damit ist das einstige Kabelnetz der Bundespost / Telekom nach ca. 20 Jahren der regionalen Aufteilung wieder bundesweit in einer Hand - eben der von Vodafone.
4.) Vom Konkurrenten zur Discount-Marke: o.tel.o
Ende der 90er Jahre war o.tel.o ein bekannter Festnetzanbieter der beiden u.a. im Energiesektor tätigen Konzerne RWE und Veba - und damit einer der ersten Telekom-Konkurrenten nach der Liberalisierung des deutschen Festnetzmarktes.
Schon 1999 wurde das Unternehmen aber an Arcor verkauft. Nachdem die Marke zunächst vom Markt verschwand, wurde sie ein paar Jahre später zunächst für einen Handy-Shop genutzt. Seit 2010 bietet o.tel.o eigene Discount-Mobilfunk-Tarife als eine Art Zweitmarke von Vodafone an.
5.) Ehemalige Beteiligung: E-Plus
Was viele Nutzer heute nicht mehr wissen: Die britische Vodafone war in den 90er Jahren an E-Plus beteiligt - und das schon vor dem Einsteig bei Mannesmann / D2 / Arcor!
Damals war (vgl. oben) Airtouch aus den USA einer der Gesellschafter an Mannesmann Mobilfunk. Als Vodafone dann Airtouch übernahm, hatte man plötzlich Beteiligungen an D2 und E-Plus und mußte aus rechtlichen Gründen eine davon verkaufen. So gab man den Anteil an E-Plus ab und behielt die Beteiligung an D2.
Streng genommen müßte man also sagen: D2 wird 2022 zwar 30 Jahre alt, aber der Vodafone-Konzern hatte in den ersten Jahren noch gar keinen Bezug zu diesem Netz; man war damals jedoch fast zeitgleich schon an E-Plus beteiligt und damit "indirekt" durchaus schon auf dem deutschen Markt aktiv.
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